Karl Veitschegger (2008)

 

Reue Gottes?


In der Bibel steht manchmal „Gott reute es, dass er…“ Was ist damit gemeint? Ändert Gott seine Meinung? Weiß er nicht, was er will?

 

Es „menschelt" in der Bibel

Die Bibel ist bekanntlich nicht als fertiges, einheitliches literarisches Werk vom Himmel gefallen, sondern im Laufe vieler Jahrhunderte Stück um Stück verfasst worden. Die menschlichen Verfasser der biblischen Schriften sind – so sagt christlicher Glaube – von Gott inspiriert, aber sie sind keine willenlosen Schreibautomaten. Sie bleiben echte Menschen, wenn sie auf Gott hören und weitergeben, was sie verstehen. Sie haben ihre bestimmte Art, religiöse Erfahrungen zu verarbeiten und sprachlich auszudrücken. Als Kinder ihrer Zeit und Kultur verwenden sie, wenn sie von Gott sprechen, auch Ausdrucksweisen, die sehr anthropomorph (vermenschlicht) anmuten. So ist unbekümmert von „Augen“, „Händen“ und „Füßen“ Gottes die Rede, aber auch von „Zorn“ und „Rache“ Gottes. Das alles ist natürlich nicht wörtlich zu verstehen. Denn der ewige Gott hat weder einen Körper noch eine menschliche Psyche. „Gott ist Geist“ (Johannes 4,26), verkündet das Neuen Testament, um die Unbegreiflichkeit Gottes zu unterstreichen. Die bildhaften Ausdrücke, oft von großer Poesie, wollen keine Beschreibungen Gottes sein, sondern Annäherungen an das unsagbare und unbeschreibbare Wesen und Handeln Gottes.

 

Gott weiß, was er will

Wenn nun in manchen Schriften der Bibel gesagt wird, dass Gott etwas „reut“ (z. B. Jona 3,10), ist das im übertragenen Sinn zu verstehen. Es bedeutet wohl, dass Gott sich auf die Wechselhaftigkeit der Menschen einlässt und ihre Entscheidungen in sein Handeln integriert. Er lässt die Menschen Wege gehen, die von ihm wegführen, zeigt ihnen durch prophetische Gestalten warnend die Konsequenzen ihres destruktiven Handelns auf, lässt sie manchmal „anrennen", ruft aber auch zur Umkehr und bietet immer wieder die Chance zum Heil an. Aus menschlicher Sicht mag Gott wechselhaft erscheinen. Denken wir aber weniger „vermenschlicht“ von Gott, müssen wir sagen, dass es „bei ihm keine Veränderung und keine Verfinsterung gibt“ (Jakobus 1,17). Denn er weiß seit Ewigkeit in größter Klarheit, was er will – nämlich: „dass alle Menschen gerettet werden…“ (1 Timotheus 2,4) Das hat Jesus von Nazaret mit seiner ganzen Existenz verkündigt. Dafür ist er auch in den Tod gegangen. Sein Leben, sein Sterben und seine Vollendung sind für alle, die sich ihm anschließen, die endgültige Zusage, dass es – menschlich gesagt – Gott nie mehr „reuen“ wird, „auf der Erde den Menschen gemacht zu haben" (vgl. Genesis 6,6).

 

Karl Veitschegger (2008)

 

 

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