Karl Veitschegger

 

Jesus eine Henne? – Osterbräuche

 

Ostern. Pessach. Palmzweige. Osterlamm. Ratschen. Osterei. Fleischweihe. Osterfeuer. Weihfeuer. Osterhase. Henne. Küken.


 

Mosaik in der Kirche "Dominus flevit" am Ölberg in JerusalemDas deutsche Wort „Ostern“

Niemand weiß genau, woher unser Wort „Ostern“ kommt. Vielleicht vom gallo-fränkischen Wort austro (Morgenrot), was an den Gottesdienst am Ostermorgen erinnern könnte.

Der Sprachwissenschaftler Alfred Bammesberger (Eichstätt) leitet es vom alten germanischen aus-tra (mit/bei dem Schöpfen von Wasser) her und sieht darin eine Beziehung zur christlichen Tauffeier in der Osternacht. Früher wurde auch oft behauptet, Ostern sei nach dem Frühlingsfest einer germanischen Göttin Ostara benannt. Bisher konnte aber weder für ein germanisches Frühlingsfest noch für die Verehrung einer Ostara ein historischer Nachweis erbracht werden.

 

 

Jüdische Wurzel

Das christliche Osterfest hat seine Wurzel nicht in der germanischen Welt, sondern im jüdischen Pessach (aramäisch und bibelgriechisch Pas:cha gesprochen), einem Fest, das von den Juden noch immer am 14. Tag des jüdischen Frühlingsmonats Nisan gefeiert wird. Das christliche Ostern wird, so legt das Konzil von Nizäa im Jahre 325 endgültig fest, immer am Sonntag nach dem ersten Frühlinsvollmond gefeiert, d. h. in den westlichen Kirchen frühestens am 22. März und spätestens am 25. April, in den Ostkirchen, wo noch der julianische Kalender gilt, frühestens am 4. April und spätestens am 8.Mai.

Den Vollmond deutet Kirchenvater Ambrosius (339-397) als Symbol für die Fülle der göttlichen Liebe: „Gerade als der Vollmond in seinem Lichte erstrahlte, gab der Vater seinen einzigen Sohn für uns alle dahin“.

 

 

Jesus und Ostern

Zur Zeit eines Pessach-Festes (vermutlich am 14. Nisan/7. April im Jahre 30 n. Chr.) wurde Jesus in Jerusalem gekreuzigt und, wie seine ersten Jüngerinnen und Jünger bezeugten, „von den Toten auferweckt“. Die christliche Theologie bezeichnet Tod und Auferstehung Jesu deshalb als „Paschamysterium" (mysterium paschale). Im Lateinischen und in den meisten lebenden Sprachen wird der Name für das christliche Osterfest dem aramäischen Wort Pas:cha nachgebildet. (Aramäisch war die Muttersprache Jesu.)

 

 

Palmbuschen

Am Palmsonntag (Sonntag vor Ostern) feiern die christlichen Kirchen, dass Jesus einst auf dem Rücken einer Eselin als „Friedenskönig“ in die Stadt Jerusalem einzog. Damals – so erzählt die Bibel – jubelten ihm viele Menschen zu. „Sie nahmen Palmzweige, zogen hinaus, um ihn zu empfangen, und riefen: Hosanna! Gesegnet sei er, der kommt im Namen des Herrn, der König Israels!(Johannes 12,13). Das Mittragen von Palmzweigen galt im Judentum als Zeichen der Huldigung und des Sieges (vgl.1 Makkabäer 13, 51; 2 Makkabäer 10,7). In Erinnerung an jene Huldigung Jesu wird die Palmweihe vollzogen. In Jerusalem, in Rom und in südlichen Ländern werden Palmzweige und Olivenzweige gesegnet, in nördlichen Ländern dienen „Palmkätzchen“ (Weidenkätzchen), „Segenbaum“ (Buchsbaum) und andere Zweige als würdiger Ersatz. Die geweihten Zweige gelten im Volk als Segenszeichen für Haus und Felder. In Russland heißt der Palmsonntag wegen der auch dort verwendeten Weidenkätzchen „Weidensonntag“ (verbnoe voskresen'je). Das älteste erhaltene Zeugnis für die Palmweihe findet sich in einem irischen Messbuch aus dem 7. Jahrhundert. Im 8. Jahrhundert ist die Palmweihe schon sehr weit verbreitet. Eine Palmsonntagsprozession gibt es in der Ostkirche seit dem 4. Jahrhundert, im nördlichen Abendland erst seit dem 11. Jahrhundert.

 

 

Palmesel

In manchen katholischen Gemeinden besteht der Brauch, bei der Palmprozession am Palmsonntag einen lebensgroßen Holzesel, auf dem eine Christusfigur sitzt, mitzuführen. Dieser religiöse Spielbrauch ist wahrscheinlich schon im 9. Jahrhundert in Übung (hl. Ulrich v. Augsburg), erfreut sich dann ab dem 13. Jahrhundert großer Beliebtheit, bis ihn Reformation und Aufklärung eindämmen. In unserer Zeit erfährt er eine Wiederbelebung. In einigen Gemeinden ist am Palmsonntag auch ein echter Esel, auf dem eine Person, die Christus darstellt, reitet, in Einsatz.

 

 

Osterlamm

Seit Jahrtausenden ist das Schaf Symbol des Lebens. Es gibt Speise und Trank (Milch, Käse, Fleisch), Kleidung, Boden (Teppich) und Dach (Zelt), es liefert Material für die Herstellung von Trommeln, Horn- und Saiteninstrumenten und „garantiert“ als Opfertier gute Beziehungen zur Gottheit.

Im Volk Israel war (bis zur Zerstörung des Tempels 70 n. Chr.) das Lamm eine wichtige Opfergabe. Mit dem Widderhorn wurde zu großen Festen geblasen (Jobel = Widder; von daher kommen unsere Worte Jubel und Jubiläum), und zum Pessach-Fest aß man im Familienkreis ein Lamm in Erinnerung an die Befreiung des Volkes aus der Sklaverei in Ägypten (vgl. Exodus 12,1-13,16). Beim Propheten Jesaja (53,7) wird das Lamm auch zum Symbol für den „leidenden Gottesknecht“.

Im Neuen Testament wird Jesus von Johannes dem Täufer als „Lamm Gottes“ (Johannes 1,29 u. 36) bezeichnet. Petrus (vgl. 1 Petrus 1,19) und Paulus (vgl. 1 Korinther 5,7) sehen in Jesus das wahre Paschalamm (Osterlamm). Sie wollen damit sagen: Jesus Christus ist für alle, die an ihn glauben, zum Inbegriff des Lebens geworden: Speise und Trank, Boden und Dach, Geborgenheit und Festesfreude, Freiheit und Versöhnung mit Gott.

Auch das letzte Buch der Bibel greift die Lamm-Symbolik noch einmal auf: Am Ende der Zeiten wird die „Hochzeit des Lammes“ stattfinden, wenn Christus die erlöste Menschheit als seine „Braut“ zu Gott heimführt (vgl. Offenbarung 19,9). Die scheinbare Niederlage des Gekreuzigten – so der Sinn dieses Hoffnungsbildes – wird sich am Ende als großer Sieg erweisen, weil die Liebe letztlich stärker ist als Gewalt und Tod. Gott wird zum ewigen Osterfest einladen.

 

 

Ratschen

Kapellen 1963Das Ratschen (lautes Knattern mit einem Holzinstrument) ersetzt von der Gründonnerstagsmesse bis zur Osternacht das Glockengeläut („Die Glocken fliegen nach Rom und kommen erst zu Ostern zurück“). In Kapellen an der Mürz (Steiermark, Österreich) wurde in den 50er und 60er Jahren von den Ratschenbuben (siehe Foto!) folgendes Ratschenlied gesungen:

 

Wo ist Jesus, mein Verlangen, / mein Geliebter und mein Freund?

Ach, wo ist er hingegangen? / Nirgends seine Spur erscheint.

Meine Seele ist betrübet / von der Sünde Übermacht.

Wo ist Jesus, den wir lieben? / Wir begehr´n ihn Tag und Nacht

 

Wir ratschen, wir ratschen zum englischen Gruaß, / damit die Leut wissen, wann man beten muaß.

Fallt´s nieder! Fallt´s nieder auf Euere Knia! / Bet´s drei Vaterunser, drei Ave Maria!

 

> Noten

 

 

Osterei

„Wenn die Christen keine roten Eier mehr machen, geht die Welt unter!“, heißt ein Spruch in Rumänien. Schon Jesus sieht im Ei, wie eines seiner Gleichnisworte bezeugt (Lukas 11,11-12), eine gute Gabe. Der Brauch, am Osterfest Eier zu segnen, geht bis ins christliche Altertum zurück. Er ist kein heidnischer, sondern ein christlicher Brauch. Er war in der ganzen alten Christenheit von Mesopotamien bis nach Spanien in Übung. Das Ei, schon in vorchristlicher Zeit ein Symbol für das erwachende Leben, wurde von den Christen als Sinnbild für die Auferstehung Jesu besonders geschätzt: Wie das Küken die Schale durchbricht, so kommt Jesus lebend aus dem Felsengrab.

Da in der Fastenzeit auf tierische Speisen verzichtet wurde, war das Ei, das man später auch bemalte (ova rubra = rote Eier) und verzierte, ein ersehntes Ostergeschenk. In manchen Gegenden wurden die in der Fastenzeit angesparten Eier auch als Zahlungsmittel (Zins, Pacht) verwendet.

Eine Legende bringt das Ei sogar mit der Leidensgeschichte Jesu in Verbindung: Maria Magdalena soll einen römischen Wachsoldaten mit einem Ei bestochen haben, um das Haus des Pilatus betreten und am Prozess Jesu teilnehmen zu können. Eine andere ostkirchliche Legende erzählt, sie habe später in Rom vor Kaiser Tiberius ein Wunder gewirkt, um ihn vom Evangelium zu überzeugen: ein weißes Hühnerei sei in ihrer Hand auf wunderbare Weise rot geworden.

 

 

„Fleischweihe“

Die Segnung der Osterspeisen kann bis ins 7. Jahrhundert zurückverfolgt werden. Sie wird volkstümlich „Fleischweihe“ genannt und gehört in vielen Orten Österreichs zu den bestbesuchten Gottesdiensten im Jahreslauf. In der Steiermark nehmen daran rund 250.000 Menschen teil. Osterbrot (süßes Weißbrot, in manchen Gegenden in Form eines Kipfels), Schinken, Ostereier, Salz, Kren und Kräuter werden am Karsamstag in die Pfarrkirche, zu einer Kapelle oder einem Bildstock gebracht, wo sie nach einem Wortgottesdienst gesegnet werden. Die Osterspeisensegnung ist der fröhliche Abschluss der (früher fleischlosen) Fastenzeit, erinnert an die Mähler, die Jesus mit den Menschen hielt, ermuntert zum Lob Gottes und fördert Gemeinschaft und Gastfreundschaft. (Auch in Polen und in polnischen Gemeinden in den USA ist dieser Brauch unter dem Namen Swieconka" beliebt.)

 

 

Osterfeuer

Die in Europa, besonders in Gebirgsländern, verbreiteten Osterfeuer haben ihren Ursprung in der katholischen Osterliturgie. Vorchristliche kultische Frühlingsfeuer sind nicht nachweisbar. Osterfeuer erinnern an die Auferstehung Christi. Die christliche Osternachtfeier kennt seit dem 4. Jahrhundert eine eigene Lichtfeier, seit dem 8. Jahrhundert wird dafür (erstmals im Bereich der fränkischen Kirche) eine Feuerweihe vor der Kirche abgehalten. Das Feuer wird dazu aus Steinen geschlagen oder mittels eines Kristalls ("Brennglas-Methode") aus Sonnenstrahlen gewonnen. Diese Arten der Feuerentzündung symbolisieren die Auferweckung Christi aus dem Felsengrab bzw. die Kraft „von oben“, die neues Leben schafft. Mit dem geweihten Feuer wird bis heute die Osterkerze entzündet, die unter dem dreimaligen Ruf „Lumen Christi“ (Christuslicht) in die dunkle Kirche getragen wird. Als außerliturgischer Volksbrauch sind Osterfeuer, denen wohl auch eine positive Wirkung auf die Fruchtbarkeit der Erde nachgesagt wurde, erst seit dem 16. Jahrhundert nachweisbar.

Eine besondere Feuer-Zeremonie ist zumindest seit dem 10. Jahrhundert aus der Grabeskirche (Anastasis, Auferstehungskirche) in Jerusalem bekannt. Jeweils am orthodoxen Karsamstag um 13 Uhr soll sich im „Heiligen Grab“ das „heilige Feuer“ auf wunderbare Weise selbst entzünden. Die versammelten Gläubigen begrüßen es stürmisch mit großer Lautstärke. Sie entzünden daran ihre Osterlichter, die in Anlehnung an die 33 Lebensjahre Jesu aus einem Bund 33 dünner Kerzen bestehen.

 

 

„Weihfeuer"

Auch dieser Brauch hat seine Wurzel in der katholischen Liturgie. Das Feuer, das für das Entzünden der Osterkerze notwendig ist, wurde früher schon am Morgen des Karsamstags vor der Kirche vom Priester gesegnet. Heute wird dafür, wo es den Brauch gibt, ein eigenes Feuer geweiht. Dieses „Weihfeuer", das als Segenszeichen gilt, bringen Kinder mit glimmenden Baumschwämmen in die Häuser. Dort entzündet man damit das Herdfeuer. Früher wurde in vielen katholischen Haushalten das Herdfeuer nur einmal im Jahr, am Karfreitag in Erinnerung an den Tod Jesu, gänzlich gelöscht. Das neue Herdfeuer war daher ein besonders ausdrucksstarkes Symbol für die Auferstehung.

 

 

Osterhase

Die Herkunft des Osterhasen ist ungeklärt. Schriftlich erwähnt wird er das erste Mal um 1682. Vielleicht ist er eine unverstandene Umbildung aus dem Osterlamm (vgl. F. Kluge, Etymologisches Wörterbuch, 21. Aufl. 1975, 526). Es ist allerdings bereits auf einem Sakramentarblatt zur Osterliturgie aus dem 12. Jahrhundert die Initiale D mit einem Hasen geschmückt (Handschrift in der Bayrischen Staatsbibliothek München). Da der Hase keine Augenlider hat und „mit offenen Augen schläft“, sehen manche in ihm auch ein Gleichnis für Christus, der, von den Toten auferstanden, nie mehr „entschläft“, sondern über die Seinen wacht. Manchmal will man im Hasen wegen seiner Fruchtbarkeit ein Symbol des unzerstörbaren Lebens und damit einen Hinweis auf die Auferstehung sehen. (Eigentlich zeichnet sich das Kaninchen und nicht der Feldhase durch besonders hohe Fruchtbarkeit aus.) Kirchenvater Ambrosius von Mailand (339–397) sah im Schneehasen, der seine Fellfarbe wechselt, ein Symbol für Verwandlung und Auferstehung. Andere altchristliche Texte vergleichen den Gläubigen, der bei Christus Zuflucht sucht, mit einem gejagten Hasen, der sich in den Bergen in Sicherheit bringt.

Eine Besonderheit aus der byzantinischen Liturgie: Wenn der Priester das Volk segnet, bilden seine Finger die Buchstaben I C X C (Abkürzung für Jesus Christus). Das Schattenbild dieser Segensgeste gleicht einem Hasen. So wird der Hase zum Schattenbild für Christus.

 

 

Henne, Küken

Hennen und Küken sind wohl wegen ihrer Beziehung zum Ei in das Osterbrauchtum geraten. Es lässt sich allerdings unschwer auch ein Bezug zu Jesus Christus herstellen, wie ein Mosaik in der Kirche Dominus flevit am Ölberg beweist (siehe Seitenanfang!). Die Bibel überliefert ein Wort, in dem Jesus sich selbst mit einer Henne vergleicht: „Jerusalem, Jerusalem, du tötest die Propheten und steinigst die Boten, die zu dir gesandt sind. Wie oft wollte ich deine Kinder um mich sammeln, so wie eine Henne ihre Küken unter ihre Flügel nimmt, aber ihr habt nicht gewollt.“ (Matthäus 23,37; Lukas 13,3f).

 

Karl Veitschegger (2000-2011)

 

„Wer immer das Ostern des Herrn gut feiert, wird im ewigen Lichte wohnen.“ (Ambrosius)

 

orf-religion: Osterbrauchtum

Kren – geschmackvolles Ostersymbol

Gedanken zur Osterkerze

Leben nach dem Tod?

 

 

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