Karl Veitschegger

 

Missbrauchsskandale: Kirche will lernen

Ein Kommentar – März 2010 [!]


 

Schreckliche Zahlen

Weltweit werden jährlich 220 Millionen Mädchen und 73 Millionen Buben Opfer sexueller Gewalt. Besonders schlimm ist die Situation in Kriegsgebieten. Das zeigt eine neue Studie der UNO.

 

Ganz schlimm: auch in der Kirche

Medienberichte, dass es auch im Bereich der Kirche, auch in unserem Land, zu sexuellen Delikten an Kindern und Jugendlichen gekommen ist, haben viele Menschen zu Recht erschüttert. Opfer meldeten sich zu Wort. Die österreichischen Bischöfe haben sehr offen dazu Stellung genommen, das unsagbare Leid der Opfer anerkannt, Fehler in der kirchlichen „Personalpolitik“ eingestanden und den Willen zur „schonungslosen“ Aufklärung bekundet. Schon in den letzten 15 Jahren ist in Österreichs Kirche im Bereich der Missbrauchs-Vorbeugung viel Positives geschehen, aber die Bischöfe, so versichern sie, wollen diese Bemühungen in Zukunft verstärken. Das betrifft auch die Priesterausbildung. Wer Priester werden will, muss die nötige sexuelle Reife eines Erwachsenen haben. Sexuell unreife oder kranke Menschen sind besondere Gefahrenquellen.

 

Sexualität als Geschenk Gottes

Kriminologen und Psychologen versichern glaubhaft, dass der Zölibat selbst nicht die Ursache für sexuelle Missbräuche ist. Sehr viele zölibatäre Seelsorger und Ordensleute sind reife Menschen und leisten auch Großartiges für unsere Gesellschaft. Und die weitaus meisten sexuellen Übergriffe geschehen bekanntlich auch nicht im kirchlichen, sondern im familiären Bereich – durch Männer, die nicht zum Zölibat verpflichtet sind. Wohl aber muss sich die Kirche kritisch fragen, ob sie durch ihre Lehren und ihre Praxis den Menschen wirklich hilft, ihre Sexualität positiv anzunehmen und zu leben – als wunderbares Geschenk Gottes, das freilich auch großer Verantwortung bedarf. Wer nur die Schilder „Verbot“ und „Sünde“ vor seinem Kopf sieht, kann kein reifer Mensch werden. Wer schrankenlos genießen will, ohne beziehungsfähig zu werden, auch nicht.

 

Chance?

Vielleicht trägt diese schreckliche Krise dazu bei, dass die Kirche ihre Lehre und Praxis in großer Aufrichtigkeit „durchforstet“. Dann darf man hoffen, dass sie – wie in vielen anderen Bereichen – auch im Bereich Sexualität Wegweisung geben kann, die die Menschen verstehen und die ihnen hilft zu leben.

 

Karl Veitschegger

 

Karfreitagsgebet 2010

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