Karl Veitschegger (2004)

 

Darf man Maria „Retterin" nennen?


 

„In manchen katholischen Liedern und Gebeten wird Maria, die Mutter Jesu, auch als Retterin bezeichnet. Ist das nicht ein Affront gegen den einzigen Erlöser Jesus Christus, gegen Gott und die Bibel? Wie kann die katholische Kirche so etwas zulassen?“

 

Auch für katholische Christen und Christinnen ist klar: Jesus Christus „allein ist unser Erlöser und Retter“ (Konzil von Trient, Dekret über Heiligenverehrung, 3.12.1563). Er ist der göttliche Sotér (bibel-griechisch für Retter, Heiland), weil er den Menschen das ewige Leben schenken kann. Maria und die anderen Heiligen können das niemals. Sie bedürfen selbst der Rettung durch Christus und können aus eigener Macht nichts Rettendes für uns tun. Sie können aber für uns beten und durch ihre Fürbitte und ihr Vorbild mithelfen, dass möglichst viele Menschen ihr Heil (sotería) in Christus finden. In diesem Sinn – und nur in diesem Sinn! – können auch Menschen für andere zu „Rettern“ werden. So sagt Paulus von sich: „Allen bin ich alles geworden, um auf jeden Fall einige zu retten.“ (1 Korinther 9,22; vgl. auch Römer 11,24; 1 Timotheus 4,16) An anderer Stelle fordert uns das Neue Testament auf: „Erbarmt euch derer, die zweifeln; rettet sie, entreißt sie dem Feuer!“ (Judas 22f) Im Jakobusbrief steht: „Das gläubige Gebet wird den Kranken retten ..." (Jakobus 5,15) Und: „Wer einen Sünder, der auf Irrwegen ist, zur Umkehr bewegt, der rettet ihn vor dem Tod und deckt viele Sünden zu.“ (Jakobus 5,20) – Diese Art des Rettens, zu der die Bibel grundsätzlich alle Gläubigen auffordert, wird man Maria und den Heiligen nicht absprechen dürfen. Als „Fürbitter“ und „Fürbitterinnen“ sind sie auch „Retter“ und „Retterinnen“, „Helfer“ und „Helferinnen“.

 

Martin Luther sagt: „Christen, die beten, sind lauter Helfer und Heilande, ja Herren und Götter der Welt. Sie sind Beine, die die ganze Welt tragen.“ – Das mit den „Göttern“ würde ich (trotz Johannes 10,35) wegen allzu großer Missverständlichkeit nicht sagen, aber sonst stimme ich diesem Wort des Reformators auch als katholischer Christ gerne zu.

 

Karl Veitschegger (2004)

 

Das Lutherzitat stammt aus: „Lutherworte – Lutherreime“, Oncken Verlag Wuppertal und Kassel 1983, Seite 9; ISBN 3-7893-7303-6

 

Zum Weiterdenken:

Völlig mit dem katholischen Glauben übereinstimmend schreibt Martin Luther über Maria:

„Was meinst du, kann ihr Lieberes begegnen, als dass du durch sie zu Gott kommst und an ihr lernst, auf Gott zu trauen und zu hoffen, wenn du auch verachtet und vernichtet wirst? Worin das auch geschehe, im Leben und Sterben, sie will nicht, dass du zu ihr kommst, sondern durch sie zu Gott.“

(Das Magnificat, verdeutscht und ausgelegt,1520, hrsg. von K. Bornkam/G. Ebeling, Frankfurt a. M. 1982)

 

Artikel Heilgenverehrung aus katholischer Sicht

Übersicht: Katholische Mariendogmen

 

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