Laienchristen – berufene Apostel Statement beim Studientag
des Diözesankomitees katholischer (Laien-) Organisationen in der Steiermark
am 29.11.2002 in Graz, Thema „Ihr seid das Salz der „Erde ...“ Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe
Apostelinnen und Apostel! Zuerst ein paar Vorbemerkungen, damit Sie
wissen, aus welchem Blickwinkel ich an das Thema dieses Studientages
herangehe: Ich arbeite im Bischöflichen Pastoralamt
der Diözese Graz-Seckau und bin dort für den Bereich Seelsorge an so
genannten „Fernstehenden“ und von der Kirche „Ausgetretenen“ zuständig. In der Steiermark ist im Vergleich zu
anderen österreichischen Bundesländern bzw. Diözesen der Katholikenanteil an
der Bevölkerung überraschend hoch: 81% (Volkszählung 2001). Das ist der
zweite Platz nach Tirol. Wenn wir aber fragen, wie viele der
Kirchenangehörigen an einem normalen Sonntag in die Kirche gehen, liegen wir
mit 11,5% an letzter Stelle. Das heißt, wir haben in unserer Diözese
überdurchschnittlich viele Menschen, die liturgisch ziemlich abstinent sind,
aber doch zur Kirche gehören wollen, ihre Kinder taufen lassen und sie in den
Religionsunterricht schicken, regelmäßig ihren Kirchenbeitrag zahlen und
zumindest, wenn die Sternsinger oder Caritassammler an ihre Tür klopfen, auch
ihr karitatives Charisma aktivieren. Diese so genannte „volkskirchliche“
Situation kann man beklagen und sich eine Kirche der kleinen, aber
entschiedenen Herde herbeiwünschen oder sie als pastorale Chance wahrnehmen. Ich
erlaube mir drei Thesen aufzustellen: These1: Ja zur „Volkskirche“! Ich zitiere Bischof Johann Weber: „Ich
stehe zu einer Kirche, die das Volk nicht im Stich lassen darf. Ich möchte
keine Kirche haben, in der nur die ganz Entschiedenen drinnen sind.
Katholisch heißt für mich: eine ganz große Weite.“ (Salzburger Nachrichten,
10.6.1995). Unser jetziger Diözesanbischof Dr. Egon Kapellari hat sich stets
ähnlich ausgesprochen. Auch durch „volkskirchliche“ Kanäle (vom
Weihnachtsbrauchtum bis zur Osterspeisensegnung) kommt manches Salzkorn des
Evangeliums unter die Leute. Die Gesellschaft unseres Landes ist damit zwar
noch nicht vom Evangelium durchdrungen,
aber doch von ihm beeinflusst, und
ich halte diesen Einfluss für wichtig. These
2: Das Salz muss salzig blieben! Eine
breite Volkskirche bleibt nur dann Kirche Jesu Christi, wenn sie zugleich
einen starken Kern hat. Sie muss im Innern entschieden christlich sein,
sie muss, wenn Sie mir ein Wortspiel erlauben, „kern-gesund“ sein. Salz der Erde kann Kirche nur sein, wenn
unter den vielen „volkskirchlich“ berührten Weggefährten und -gefährtinnen,
auch Menschen leben, die das Evangelium sehr bewusst zum Kompass ihres Lebens
machen: überzeugte Insider des Evangeliums und der Kirche. These 3:
Sie als Mitglieder katholischer Gemeinschaften und Verbände können besonders
effektive Träger/innen christlicher Salzkraft sein. Warum
behaupte ich das? – Erstens kenne ich viele von Ihnen als überzeugte und
überzeugende Christenmenschen und bin für ihr Lebenszeugnis dankbar.Zweitens: Im Unterschied
zu Priestern und Laien, die von der Kirche angestellt und besoldet sind,
stehen die meisten von Ihnen nicht auf den Gehaltslisten einer kirchlichen
Einrichtung und verdanken ihren Beruf auch nicht kirchlicher Förderung und
Zustimmung. Ihnen kann man im Normalfall nicht nachsagen: „Der oder die macht
das nur des Geldes oder der Karriere wegen!“ Ihr christliches Engagement, Ihr
Einsatz von Geist, Emotion, Körperkraft, Zeit und Geld erhält in einer
Gesellschaft, die vom materiellen Kosten-Nutzen-Denken beherrscht ist,
besondere Glaubwürdigkeit. Drittens: Weil Sie weder zur Hierarchie gehören
noch der verlängerte Arm eines Bischofs oder Pfarrers sind, machen Sie
besonders deutlich, was genuines Laienapostolat ist, von dem das Konzil sagt:
„Zu diesem Apostolat werden alle vom Herrn selbst durch Taufe und
Firmung bestellt!“ (Lumen gentium 33) Was
charakterisiert nun solche Laienapostel/innen, wie das Konzil sie meint? Ich
durfte – gerade auch in Ihren Reihen – Laien von großer christlicher
Salzkraft kennen lernen, welche die Herausforderungen unserer Zeit gut
angenommen haben. Was
finde ich an diesen Menschen vorbildlich? -
Sie haben die Gnade eines „wetterfesten“
Glaubens und sind nicht Getriebene weltanschaulicher Moden. -
Sie haben für das Anliegen des
Evangeliums und für die Sorgen der Menschen ein besseres Gespür als der
Durchschnitt ihrer Zeitgenossen. -
Sie fliehen nicht aus Angst
vor dem Leben in die Religion, sondern haben Freude daran, ein Stück Welt im
Sinne des Evangeliums zu gestalten, auch wenn es manchmal mühsam ist. -
Sie bemühen sich um ein
geistliches Leben und nehmen zugleich Alltag und weltlichen Beruf ganz ernst. -
Sie bewähren ihren Glauben
auch in Tugenden, die derzeit weniger attraktiv, aber doch vonnöten sind:
Barmherzigkeit, Treue, Reue, Solidarität mit den Ärmsten, ... -
Sie sind bereit, sich als
Christen zu „outen“ und entwickeln Phantasie, andere Menschen mit dem
Evangelium vertraut zu machen. -
Sie informieren sich gut über
den christlichen Glauben und Vorgänge in Kirche und sind nicht angewiesen auf
Gerüchte und Vorurteile. -
Sie wissen um die Würde der
eigenen Berufung und respektieren die Berufung anderer. Sie bemühen sich um
gute Zusammenarbeit mit den Hirten der Kirche. -
Sie sind aufmerksame und
kritische Dialogpartner. (Nicht nur die Kirche, auch die übliche
Kirchenkritik unterziehen sie einer kritischen Prüfung.) -
Sie begegnen Andersdenkenden
und „Anderslebenden“ stets mit Respekt und sind bereit, auch von „Anderen“ zu
lernen. Ich beende mein Statement mit einem Wort der österreichischen
Bischöfe: „Christen tragen und beseelen einen großen Teil der
Zivilgesellschaft unseres Landes. Sie sollen ohne Arroganz, aber auch ohne
sich zu verstecken, kompetent und beherzt mitreden, wenn es um das Wohl
dieser Gesellschaft und den Weg in die Zukunft geht.“ (Herbstkonferenz der
Bischöfe Österreichs 2002) Ich danke Ihnen für ihre Aufmerksamkeit – nicht nur jetzt! Karl Veitschegger, 29.11.2002 Zurück zur Startseite von
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