Karl Veitschegger (2008) Wäre eine Welt ohne Religion und
Kirche besser? „Im Namen von Religion und
Kirche wurden viele Verbrechen begangen. Ohne Religionen und Kirchen ginge es
menschlicher zu auf der Welt." – Stimmt diese Behauptung? Alles ist missbrauchbar Es stimmt, dass im Lauf der Geschichte im
Namen der Religion und auch im Namen des Christentums Verbrechen begangen
worden sind. Menschen können alles missbrauchen: Technik, Medizin, Kunst … –
und leider auch Religion! Das ist eine bittere Tatsache. Die katholische
Kirche will hier nichts beschönigen, sondern hat die historische Schuld ihrer
Vertreter mehrmals öffentlich bekannt und wohl auch aus der Geschichte
gelernt. Welt ohne Christus? Es wäre aber unfair, die gesamte
Kirchengeschichte nur als Kriminalgeschichte zu lesen. Der Schriftsteller
Heinrich Böll, ein scharfer Kirchenkritiker, meinte dazu: „Selbst die
allerschlechteste christliche Welt würde ich der besten heidnischen
vorziehen, weil es in einer christlichen Welt Raum gibt für die, denen keine
heidnische Welt je Raum gab: für Krüppel und Kranke, Alte und Schwache, und
mehr noch als Raum gab es für sie: Liebe für die die der heidnischen wie der
gottlosen Welt nutzlos erschienen und erscheinen … Ich empfehle es der
Nachdenklichkeit und der Vorstellungskraft der Zeitgenossen, sich eine Welt
vorzustellen, auf der es Christus nicht gegeben hätte.“1 Verbrechen im Namen der Vernunft Ob es in einer Welt ohne Kirche, ohne
Religion wirklich menschlicher zuginge, wie manche meinen? - Die größten
Massenverbrechen der Geschichte geschahen jedenfalls nicht im Namen eines
religiösen Glaubens, sondern durch kirchenfeindliche und religionsfeindliche
Systeme (Nationalsozialismus, Kommunismus). So hat, um ein Beispiel zu
nennen, der chinesische Revolutionär und Atheist Mao Tse-Tung († 1976) durchschnittlich
alle 40 Minuten seiner 27-jährigen Regierungszeit so viele Menschen umbringen
lassen, wie die Römische Inquisition in einem Vierteljahrtausend (ca. 100).2
Menschen können durch alle möglichen Ideen fanatisiert werden und sich zu
Killern entwickeln. Sogar „im Namen der Vernunft“ und unter dem Banner von
„Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit“ wurden Zigtausende hingerichtet.
(So geschehen durch die Vollstrecker der Französischen Revolution; ihre
Opferzahl reichte in nur wenigen Monaten an die aller Hexenprozesse im
Verlauf von 300 Jahren heran!) Kritik nicht einseitig austeilen Es ist gut und wichtig, Religionen immer
wieder kritisch zu befragen, wie sie es mit der Gewalt gehalten haben und
halten, aber man macht es sich zu einfach, wenn man die Hauptschuld für
Grausamkeiten Kirchen und Religionsgemeinschaften in die Schuhe schiebt. So
mancher, der im Lauf der Geschichte schonungslos die Inhumanität der Kirche
anprangerte, hatte selbst Dreck am Stecken.3 Karl Veitschegger (2008) 1 H. Böll, Eine Welt ohne Christus, in : K. Deschner (Hrsg.); Was
halten Sie vom Christentum?, München 1957, S.22 2 Vgl. Manfred Lütz in: Die WELT 13.10.2007 3 So verdiente z. B. der große
Aufklärer und schonungslose Kirchenkritiker Voltaire († 1778) viel Geld am
afrikanischen Sklavenhandel (er rechtfertigte dies mit der
„Minderwertigkeit" der Schwarzen), im Blick auf die katholische Kirche
meinte der Prediger der Toleranz: „Écrasez l’infâme!" („Zermalmt die
Niederträchtige!") Zu meinem
Kurzartikel: Hexenwahn und Kirche Friedensdekalog von Assisi (Religionsvertreter verpflichten sich zu Toleranz und
Respekt ...) Zurück zur Homepage von Karl Veitschegger Zurück
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