Karl Veitschegger (2012)

 

„Essen ist eine schöne Sache“

 

Oder: Warum man Jesus „Fresser und Säufer“ nannte


 

„Essen ist eine schöne Sache“, soll Papst Johannes XXIII. gesagt haben. Ganz im Sinne seines göttlichen Vorbildes. Denn in der Bibel ertappen wir Jesus oft in froher Tischgemeinschaft. Wir finden ihn bei der Hochzeitsgesellschaft in Kana, die er wunderbar mit Wein versorgt, und bei den Geschwistern Lazarus, Maria und Martha, wobei Martha wegen ihrer Kochkünste bis heute als Patronin der Köchinnen gilt. Er ist Gast in der Familie des Apostels Petrus, beim Pharisäer Simon und beim Zöllner Zachäus. „Fresser und Säufer“ schimpft man ihn (Mt 11,19), weil er mit Menschen aus verschiedenen Milieus, auch mit solchen, die man „Sünder“ nennt, gerne isst und trinkt.

 

Liebe geht durch den Magen

Essen ist für Jesus nicht bloß Nahrungsaufnahme, sondern dankbares Genießen der Schöpfung, Anbieten von Beziehung, Erleben von Gemeinschaft und Zuwendung, Chance zur Versöhnung. Ja, noch mehr: das gemeinsame Mahl ist ihm Symbol für die Gastfreundschaft Gottes, der alle einlädt: „Sie werden kommen von Osten und Westen, von Norden und Süden und zu Tisch sitzen im Reich Gottes.“ (Lk 13,29) Nur Selbstgerechte und Geizige werden fehlen. Sie schließen sich gleichsam selber aus. Deshalb ermutigt Jesus, großzügig zu sein.

 

Es reicht für alle

Als einmal sehr viele Menschen mit Jesus durch die Einöde ziehen, fragen sich seine Jünger, wie man die Menge am Abend verköstigen werde. Ängstlich und knauserig schauen sie auf ihre fünf Brote und zwei Fische: Was ist das für so viele? Jesus fordert sie auf, das Wenige mutig zu teilen. Und da dürfen sie entdecken, dass Teilen Wunder wirkt. Wenn alle teilen, reicht es für alle, ja es bleiben sogar noch „zwölf Körbe“ übrig. Sie lernen: Gott will, dass Menschen ihre Mittel und Fähigkeiten, ja ihr ganzes Leben miteinander teilen. Dann kommt niemand zu kurz.

 

Füreinander leben

Jesus selbst teilt bis zuletzt sein Leben mit den Menschen. Vor seinem Tod lädt er „die Zwölf“ zum „letzten Abendmahl“. Dabei nimmt er Brot und Wein, preist Gott und verschenkt in diesen Gaben sich selbst an die Seinen: „Nehmt, das ist mein Leib, …mein Blut!“ (Mk 14,22-24). Er will in ihnen sein. Sie sollen in ihm sein. Seither feiern Christenmenschen Messe, Eucharistie. Nach seinem Tod sind es wieder Mahlzeiten, in denen Jesus von den Seinen als der Lebendige und Auferstandene erfahren wird: ein Frühstück am See Gennesaret, ein Abendessen in Emmaus, ein Mittagsmahl in Jerusalem. Er erweist sich selbst als „Brot des Lebens“ (Joh 6,35), als „lebendiges Brot" (Joh 6,51). Und er will, dass auch seine Jünger/innen „Brot“ werden – füreinander und für alle. Essen ist eine schöne Sache. Gesegnete Mahlzeit!

 

Karl Veitschegger

 

Veröffentlicht in „kircheninfo“ 2012/1

 

Zum Weiterdenken

 

„Ihr sollt vor dem Herrn, eurem Gott, das Mahl halten. Ihr sollt fröhlich sein, ihr und eure Familien, aus Freude über alles, was eure Hände geschafft haben, weil der Herr, dein Gott, dich gesegnet hat.“

Deuteronomium 12,7

 

„Wenn du dem Hungrigen dein Brot reichst und den Darbenden satt machst, dann geht im Dunkel dein Licht auf und deine Finsternis wird hell wie der Mittag.“
Jesaja 58,9b-10

 

„Gewährt jederzeit Gastfreundschaft.“

Römer 41,13

 

„Seid untereinander gastfreundlich, ohne zu murren."

1Petrus 4,8-9

 

„Vergesst die Gastfreundschaft nicht; denn durch sie haben einige, ohne es zu ahnen, Engel beherbergt.“

Hebräer 13,2

 

„Und als Jesus mit ihnen bei Tisch war, nahm er das Brot, sprach den Lobpreis, brach das Brot und gab es ihnen. Da gingen ihnen die Augen auf und sie erkannten ihn.“

Lukas 24,30-31

 

„Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel herabgekommen ist. Wer von diesem Brot isst, wird in Ewigkeit leben. Das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch [=Menschsein] für das Leben der Welt.“

Johannes 6,51

 

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