Karl Veitschegger (2005)

Exorzismus – was soll das?

 

Ein Statement als Antwort auf mehrere Anfragen


 

Gebet um Heilung

Im Prinzip geht es beim Exorzismus darum, dass die Kirche auch jenen seelisch bedrängten Menschen, die glauben, von einer bösen Macht besessen zu sein, und denen kein Arzt und kein Psychotherapeut mehr helfen kann, ein besonderes Gebet um Heilung anbietet. In vielen Kulturen, z. B. in Afrika oder Lateinamerika, in denen man – wie in Palästina zur Zeit Jesu – schwere psychische Leiden problemlos mit „bösen Geistern“ in Verbindung bringt, sind exorzistische Riten für die Betroffenen tatsächlich oft hilfreich. Sie entsprechen dem Lebensgefühl und dem Weltbild dieser Kulturen. In unseren Breiten könnten dieselben Riten Gegenteiliges auslösen. Die katholische Kirche hat vor einigen Jahren die „Liturgie der Befreiung vom Bösen“ neu geordnet. Aber von den römischen Ritusvorschlägen liegen meines Wissens bisher noch keine approbierten deutschen Übersetzungen vor.

 

Nein zum Teufelswahn

Die Bischöfe im deutschen Sprachraum sehen darin offenbar keine Dringlichkeit. Auf keinen Fall wollen sie einem neu erwachten schädlichen „Teufelsglauben“, wie er im Satanismus, in bestimmten Filmen und Büchern, aber leider auch in manchen religiösen Gruppen gepflegt wird, Auftrieb geben. Denn im Zentrum der christlichen Botschaft steht nicht die Beschäftigung mit den Kräften des Bösen, sondern die Hinwendung zu Gott, der in Jesus Christus das Heil aller Menschen will.

 

Wirklichkeit des Bösen

Wir dürfen uns den Teufel (von griech. diabolos = Durcheinanderwerfer) nicht zu primitiv vorstellen. Der Teufel ist kein Krampus, sondern eine geistige Wirklichkeit, das Geheimnis des Destruktiven in der Schöpfung. Wir können über diese Wirklichkeit nur in Metaphern reden und sollten uns dabei stets der Unzulänglichkeit unserer Bilder und Begriffe bewusst sein. Das gilt auch, wenn in der Theologie vom Teufel als „Person“ gesprochen.

 

„Erlöse uns von dem Bösen!“

Von groß inszenierten Teufelsaustreibungen ist nicht viel zu halten. Wohl aber soll für Menschen, die sich seelisch bedrängt fühlen, gebetet werden. Wichtig ist, dass ihnen auch ärztliche und psychotherapeutische Hilfe angeboten wird. Hier gilt der Rat der Bibel besonders: „Bei Krankheit säume nicht, bete zu Gott; denn er macht gesund [...] Doch auch dem Arzt gewähre Zutritt! Er soll nicht fernbleiben; denn auch er ist notwendig.“ (Jesus Sirach 38, 9-12) In unseren Gottesdiensten wird übrigens seit jeher regelmäßig für Kranke und Bedrängte aller Art gebetet und jedes Vaterunser endet mit der Bitte: „Erlöse uns von dem Bösen!“

 

Karl Veitschegger (Mai 2005)

 

PS: „Ob Teufel und Dämonen personal oder nicht-personal sind, wurde dogmatisch nie endgültig entschieden.“ (Dr. Ludwig Neidhart, Eschatologie – die Lehre von den ‚letzten Dingen’ (Skriptum), Augsburg 2010, Version 05.08.2019)

 

 

Aus dem Kompendium des Katechismus der Katholischen Kirche:

Wenn die Kirche mit ihrer Autorität im Namen Jesu darum betet, dass eine Person oder ein Gegenstand vor dem Einfluss des Bösen beschützt oder seiner Herrschaft entzogen wird, handelt es sich um einen Exorzismus. In gewöhnlicher Form wird der Exorzismus im Taufritus vollzogen. Der feierliche, sogenannte Große Exorzismus darf nur von einem durch den Bischof bevollmächtigten Priester vorgenommen werden." (Frage 352)

 

Zu meinem Artikel: Teufel und Dämonen – 12 Thesen

 

Zurück zur Homepage von Karl Veitschegger

Zurück zum Menü „Mein Artikel, Referate, Skizzen ..."


Karl Veitschegger © 2005