Karl Veitschegger (2007)

 

Elisabeth von Thüringen (1207-1231)   

Gedenktag: 19. November


 

Liebe und Leidenschaft

Sie läuft ihm entgegen, umarmt ihn und küsst ihn so lange und heftig, dass die Dienerschaft rote Köpfe bekommt. Ja, Elisabeth liebt ihren Ludwig und macht kein Hehl aus ihrer Sehnsucht nach ihm, wenn wichtige Geschäfte ihn einige Tage von ihr ferngehalten haben. Jedes Wiedersehen löst ein Feuerwerk ihres Herzens aus. Sie, die ungarische Prinzessin, war erst 14, als sie dem 20-jährigen Landgrafen von Thüringen vermählt wurde. Der kurzen, aber glücklichen Ehe entstammen drei Kinder. Ludwig liebt Elisabeth und steht zu ihr, auch wenn Hof und Verwandtschaft den Kopf über sie schütteln.

 

Verrückt

Denn Elisabeth tut vieles, was „normale“ Menschen für verrückt halten: Sie lässt sich von ihren Mägden duzen, zerschneidet kostbare Stoffe, um damit Bedürftige zu beschenken, legt einen Aussätzigen in das Bett ihres (abwesenden) Mannes, verteilt wahllos Geld auf der Straße … So impulsiv wie ihre Liebe zu Ludwig lebt sie auch ihre zweite große Leidenschaft: die Liebe zu den Armen. Franz von Assisi ist ihr darin Vorbild. Die Legende hat später manches Unverständliche in ein milderes Licht getaucht. (Vieles, was Heilige tun, erscheint aus der Perspektive durchschnittlicher Christlichkeit verrückt und ist auch nicht einfach nachahmbar.) Elisabeth tut aber auch „Vernünftiges“: Im Hospital am Fuße der Wartburg werden im Hungerjahr 1225 täglich bis zu 900 Leute gespeist. Viele Kranke pflegt und betreut sie persönlich.

 

Erschöpft, aber glücklich

Sie ist gerade 20 und mit dem dritten Kind schwanger, als sie erfährt, dass Ludwig, als Kreuzfahrer unterwegs, an einer Seuche gestorben ist. Laut heulend rast sie durch die Burg, ehe sie für längere Zeit in stille Trauer fällt. Dann aber tritt wieder jene Kraft zu Tage, die ihre Liebe zu Ludwig und ihre Liebe zu den Armen stets umfangen und beseelt hat: eine leidenschaftliche Liebe zu Gott. Schon als Kind liebte sie Gott. Und auch später vermochte ihr Konrad von Marburg, ihr grimmiger Beichtvater, die Freude an Gott nicht zu nehmen. Von der Verwandtschaft ihres Mannes geschmäht, verlässt die junge Witwe den Hof und widmet sich, innerlich frei, gänzlich der Armen- und Krankenpflege. Körperlich erschöpft, aber glücklich, ja sogar singend, stirbt diese leidenschaftliche Frau mit 24 Jahren. Ihr besonderer Charme ist auch nach 800 Jahren noch spürbar.

 

Karl Veitschegger

(Beitrag für „Neues von Graben“ 2007)

 

Elisabeth von Thüringen

 

1207 Geburt bei Pressburg, Eltern: König Andreas II. von Ungarn
und Gertrud von Andechs

1211 zur Erziehung nach Thüringen gebracht

1221 Ehe mit Landgraf Ludwig

1227 Tod Ludwigs

1228 Abschied von Besitz und Familie

1229 Errichtung eines Hospitals in Marburg a. d. L.

1231 Tod in Marburg a. d. Lahn

1235 Heiligsprechung

1539 Leerung ihres Grabes durch den Protestanten Philipp I. v. Hessen,
um ihre Verehrung zu stoppen.

Ihr Haupt wird in St. Elisabeth in Wien aufbewahrt.

 

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